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Geförderte Projekte Informationen zu den 2016 zur Förderung ausgewählten Projekten


MOSK (Förderung und Training von Motivation und Selbstkonzept)

Guido Breidebach, Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung Duisburg

Schulen sollen nicht nur Fachwissen vermitteln, sondern auch Jugendliche dazu in die Lage versetzen, ihre eigenen Talente zu erkennen und zu entfalten. Bildung bedeutet auch Selbstständigkeit im Denken und Handeln sowie soziale Kompetenzen. Doch gefördert wird in den Bildungsplänen meist nur auf Fächerebene. Diesem Manko begegnet das Projekt MOSK, ein Trainingsprogramm von Motivation und Selbstkonzept. Es umfasst zehn Einheiten von jeweils zwei bis vier Schulstunden. Indem sie ein Lerntagebuch führen, erkennen die Jugendlichen, was sie motiviert und weiterbringt. Sie schätzen sich selbst mit ihren Stärken und Schwächen ein. Sie lernen unter anderem, sich Ziele zu setzen, ihre Arbeitsumgebung zu gestalten und wie man Lern- und Zeitmanagement nutzt.

Ziel des Förderprojektes MOSK (Förderung und Training von Motivation und Selbstkonzept) ist es, die Motivation und das individuelle Fähigkeitsselbstkonzept von Jugendlichen differenziert und nachhaltig zu fordern, zu fördern und zu festigen. Die unterrichtliche Trainingseinheit besteht aus 10 Einheiten, die jeweils 2-4 Schulstunden in Anspruch nehmen und verschiedene Facetten der Motivation und des Selbstkonzeptes - auf Grundlage eines ganzheitlichen Modells der Motivation – trainieren. Die Besonderheit des Projektes ist es, dass es nicht auf die Defizite des Individuums fokussiert sondern dem Einzelnen hilft, seine Ressourcen individuell zu erforschen und von diesen ausgehend unterstützt, angeleitet seine eigene Mittel und Potenziale aufzuspüren und zu erproben, um seine Motivation zielgerichteter einzusetzen und ein stabileres Selbstkonzept zu erlangen.

Das Förderprojekt kann eine schulische Fördereinheit darstellen, es lässt sich allerdings besonders gut im Rahmen der neuen Bildungspläne, unterrichtsbegleitend und durch verschiedene Fachlehrer kooperierend, implementieren. Mit der Neukonzeptionierung der Bildungspläne am Berufskolleg erhalten diese nämlich eine kompetenzbasierte Orientierung. Jene Ausrichtung unterstreicht das zentrale Ziel des Erwerbs individueller Handlungskompetenz. Ein bedeutsamer Aspekt ist insbesondere die "Entfaltung und Nutzung der individuellen Chancen und Begabungen" im Sinne der individuellen Förderung. Zudem wird in den didaktisch-methodischen Leitlinien der Bildungspläne gefordert, dass in den Bildungsgängen umfassende berufliche, gesellschaftliche und personale Handlungskompetenzen anzustreben sind. Dies macht es erforderlich, dass neben den klassischen Fachkompetenzen des Bildungsganges vor allem auch personale Kompetenzen – in den Facetten Selbstständigkeit und Sozialkompetenz – individuell, differenziert, ganzheitlich und nachhaltig sowie systematisch gefordert und gefördert werden. Die Bildungspläne weisen nach wie vor die Fachkompetenzen unmissverständlich aus. Eine Förderung dieser fällt den wenigsten schwer.

Problematischer konstituieren sich die Diagnose, Förderung und Bewertung sowie Beurteilung der Personalen Kompetenzen. Nicht selten werden diese leider eher nur intuitiv oder gar beiläufig berücksichtigt. Eine erziehungswissenschaftliche Rückanbindung, eine bildungstheoretische Legitimation und vor allem der empirische Nachweis deren Förderung fällt bei diesen Kompetenz-konstrukten vergleichsweise schwer. Die Kurzbewerbung um Fördermittel kommt einer bereits in der Praxis erprobten Unterrichtsreihe, deren empirischen Überprüfung und schließlich ihrer Publikation (Verbreitung in Form von Lernhilfen und Kopiervorlagen für Interessierte) zu Gute. Bedeutsam ist, dass der inklusive Gedanke bei den einzelnen Trainingseinheiten quasi latent mitgedacht ist und ihm individuell, differenziert und sukzessiv entsprochen wird. Die Einheiten berücksichtigen geschlechter- und herkunftsbedingte Disparitäten, unterstützen und befähigen Jugendliche, die bestimmte Förderschwerpunkte besitzen, so dass sich zum Beispiel kognitiv, sozial oder emotional benachteiligte Lernende gleichermaßen auf die Einheiten und ihre angeleitet und eigenständig Förderung einlassen können. Benachteiligung und Inklusion sollen im Begriff der Heterogenität aufgehen und keine separierten und separierenden Phänomene darstellen.

Ein Schlüssel, um nicht nur der Heterogenität unserer Lernenden zu begegnen, sondern sie zu befähigen, eigenständig Bildungschancen und -prozesse wahrzunehmen, zu gestalten und zu reflektierten, ist die Förderung der Selbstkompetenz. Unter diesem Generalkonstrukt lassen sich ausdifferenzierter vielfältige entwicklungs- und schulrelevante Aspekte, wie zum Beispiel Lern-/Leistungsmanagement, Leistungsbereitschaft/-motivation, Zeitmanagement, die Steuerung und Reflexion des eigenen Lernens, die Annahme von Hilfe, das Erreichen selbstgesetzter Ziele, die Entwicklung von Freude an einem Thema sowie der Umgang mit Misserfolgen subsummieren. Genau diesen Aspekten widmet sich das Förderprogramm MOSK in seinen 10 Einheiten. Das Training wurde bereits in diversen Höheren Berufsfachschulen als auch der Ausbildungsvorbereitung bzw. beruflichen Grundbildung erfolgreich eingesetzt. Die Jugendlichen führten die Einheiten nicht nur durch, sie evaluierten sie auch, so dass das Konzept stetig weiter entwickelt werden konnte. Die Endversion umfasst die nachstehenden Fördereinheiten:

Ein kurzer Überblick aus der Einleitung der Schülerversion der Fördereinheit:
Damit du weißt, was dich im Rahmen dieses Trainingsprogramms von Motivation und Selbstkonzept erwartet, wird dir im Folgenden eine Übersicht gegeben, in der die einzelnen Lerneinheiten benannt und kurz erläutert werden. Zuerst soll geklärt werden, was die Begriffe Motivation und Selbstkonzept (1) bedeuten und alles umfassen, damit dir auch genau klar ist, was in den nächsten Wochen trainiert werden soll. Das Lerntagebuch (2) ist in diesem Zusammenhang eine Methode, die das Training von Anfang an begleitet, damit die einzelnen Methoden noch einmal intensiv reflektiert werden und dir sowohl der persönliche als auch der schulische bzw. berufliche Nutzen noch ein bisschen klarer wird. Dann kannst du konkret überlegen, welches Bild du von dir selbst hast und was dich motiviert (3) und dir – vor allem schulisch – Spaß bereitet und dich antreibt, aber auch was dir in der Schule keine Freude macht und woran das liegt. In einer weiteren Einheit geht es um die Einschätzung deines Selbstbildes (4), dass du also konkret beschreibst, wie du dich in verschiedenen Bereichen selbst einschätzt und bewertest, damit du feststellen kannst, wo deine Stärken liegen und wo noch die eine oder andere Schwäche vorhanden ist. Weil man sich jedoch nicht immer richtig einschätzt, hilft dir das Fremdbild – also die Sicht einer anderen Person von dir – dich noch realistischer sehen zu können. Folgend wird sich deinen privaten und beruflichen bzw. schulischen Lebenszielen gewidmet. Jeder Mensch hat Ziele, doch diese sind einem nicht immer ganz klar. Die Einheit zur Zielbildung (5) zeigt dir, wie man Ziele so formuliert, dass sie einen motivieren und vor allem auch erreichbar sind. Anschließend gilt es die eigenen Lebensziele miteinander in Beziehung zu setzen, damit du erkennst, welche Ziele einander unterstützen und welche sich vielleicht sogar gegenseitig behindern. Den Stolpersteinen eines dir besonders wichtigen Zieles kannst du dich abschließend in dieser Übung widmen, damit deiner Zielerreichung nichts mehr im Wege steht. Die nächste Einheit widmet sich dem Arbeits-, Lern- und Zeitmanagement (6). Neben einigen einfachen Prinzipien, die einem das Leben nicht nur erschweren sondern bei Beachtung auch erleichtern können, erfährst du einiges darüber, wie du deine Zeit eigentlich genau verbringst, wo Zeitdiebe schlummern, die dir das Leben unnötig schwer machen und wie du selbst in extremen Lern- und Stresssituationen noch einen klaren Kopf behältst, um deine Zeit sinnvoll und zielführend nutzen zu können. Da hierfür auch ein lernfreundlicher Arbeitsplatz wichtig ist, wird in einem weiteren Schritt deine Arbeitsumgebung (7) einmal genauer unter die Lupe genommen, damit diese besser gestaltet werden kann. Prüfungsangst (8) kann jedoch die realistischste Selbsteinschätzung, die beste Zielbildung sowie die effektivste Terminplanung sprichwörtlich über den Haufen werfen. Neben einigen Tipps, wie man allgemein mit der Angst vor wichtigen und/oder vielen Prüfungen umgehen kann, wirst du diverse Lernstrategien (9) kennen lernen, mittels derer du dir die belastende Lernarbeit erheblich erleichtern kannst. Da jedoch nicht nur der Geist, sondern auch dein Körper fit sein muss, damit du in Stresssituationen deine optimalste Leistung erbringen kannst, lernst du zudem noch ausgewählte Entspannungsverfahren (10) kennen, die dir helfen, einen kühlen Kopf und eine ruhige Hand zu bewahren.

Das Konzept ist von mir bereits auf einer landesweiten Moderatorenqualifizierung der Bezirksregierungen vorgestellt worden und es ist angedacht, eine Handreichung (ehemals in Kooperation mit Frau MR’in Wohlgemuth) zu erstellen, damit die Inhalte von einer breit gestreuten Lehrerschaft nutzbar und für eine größere Schülerlandschaft fruchtbar werden.

Zwei bedeutsame Anliegen benötigen finanzielle Unterstützung:
1. die schulpraktische Ausgestaltung der Materialien und
2. die empirische Erhärtung der Wirksamkeit des Trainings.

Die Ausgestaltung der Materialien umfasst die Erstellung eines Manuals, dass die Lehrenden theoretisch in die zu fördernden Konstrukte einführt, die Einzelnen Materialien enthält und diese einleitend fachwissenschaftlich fundiert und abschließend jeweils methodisch-didaktisch reflektiert. Das gebundene und laminierte Werk dient dann Interessierten als Kopiervorlage. Zudem könnten die Einheiten erheblich aufgewertet werden (Tools für die Zielbildungs- und -erreichungseinheit, Hinzugabe einer CD zur Durchführung der Entspannungsverfahren, individuelle Profilbögen für die Selbst-/ Fremdwahrnehmungsübung etc). Die empirische Erhärtung eines Projektes wird leider bei vielen schulischen Projekten vernachlässigt. Manuale und Trainingseinheiten werden der pädagogischen Plausibilität unterzogen und die Entwickler postulieren auf Grundlage ihres subjektiven Empfindens die Wirksamkeit. Meine Anliegen ist allerdings die Bestätigung der empirisch abgesicherten Wirksamkeit. Verschiedene psychologische Testverfahren sind daher von Lernenden vor und nach dem Training durchzuführen. Zusätzlich sollen die Teilnehmer die Einheiten motivrelevant evaluiert. Die statistische Analyse bedarf schließlich weiterer verschiedener Ressourcen (zum Beispiel statistischer Software wie SPSS und AMOS).

Weitere Akteure, die das Projekt nutzen, könnten zum einen Referendare, die in ihrem bedarfsdeckendem Unterricht zum Beispiel Jugendliche ohne Ausbildung unterstützen, oder aber pädagogisch-psychologisch arbeitende Wissenschaftler sein (zum Beispiel PD Dr. Stiller, Uni Regensburg), die ihrerseits Projekte für benachteiligte Jugendliche durchführen (zum Beispiel Lernpatenprojekt) und in deren Rahmen das MOSK-Projekt eine sinnvolle Erweiterung darstellen würde. Auch hierfür ist zum einen die Konstitution einer angemessen gestalteten Kopiervorlage genauso unabdingbar wie die empirische Absicherung des Nutzens der Trainingseinheiten. Zeitlich soll innerhalb des folgenden Schulhalbjahres (08/2016-02/2017) die Wirksamkeit erneut erforsch und die schulische Praktikabilität (durch umfängliche Schülerevaluationen) erhärtet werden. Von dieser Grundlage ausgehend könnten u.a. weitere Modifikationen vorgenommen werden, bevor dann im sich anschließenden Schulhalbjahr (Februar 2017 bis Juli 2017) zusätzliche Lehrende angeleitet werden, das Projekt selbstständig mit ihren Lerngruppen durchzuführen. Dies könnten Psychologie-/ Sonderpädagogikreferendare sein, die ich am ZfsL Duisburg ausbilde, dies könnten Lehrer sein, die ich im Rahmen meiner Moderatorenqualifizierung für die Bezirksregierung Düsseldorf fortbilde, oder externe Träger pädagogischer Institutionen (Berufsbildungszentren, Kirchliche Träger) sein, die mich im Rahmen von Weiterbildungsanliegen konsultieren. Die eigene Durchführung des Projektes in 6 Schulklassen zeigte sich für die Lernenden bisher als sehr ergiebig.

Zum Abschluss des kommenden Schuljahres soll dann das Trainingsmanual zur endgültigen Nutzung fertig gestellt sein und der Allgemeinheit zur Verfügung stehen. Leider sind jene Manuale oftmals sehr kostspielig. Meine Intention, die Erstellung einer adäquaten Kopiervorlage, soll dies vermeiden, damit die Materialien und die mit ihnen verbundene Wirksamkeit eine möglichst breit gestreute Lehrer- und Schülerklientel anspricht und diesen zu Gute kommt. Schließlich vermag das Angebot neben dem Fachunterricht facettenreiche Anregungen und Impulse im Rahmen eines Pädagogischen Tages zu geben (zum Beispiel für die gemeinsame fächerübergreifende Arbeite; oder für die Weiterarbeit eines Bildungsganges; oder für die Arbeit im Rahmen der kompetenzorientierten Bildungspläne (zum Beispiel Arbeitsvorbereitung); oder um auf Schulentwicklungseben die institutionelle Profilbildung auf die Heterogenität unserer Lernenden hin auszurichten).

Guido Breidebach und Birgit Kleinalstede
Foto: Martin Magunia/Deutsches Lehrkräfteforum
 


ERFAHRUNGEN AUS DEM PROJEKT

Der Löwenanteil des Preisgeldes ist in eine bald erscheinende Publikation geflossen, durch die das Programm auch anderen Schulen zugänglich wird. Das Projekt ist theoretisch fundiert und didaktisch kommentiert, so dass auch unerfahrene oder fachfremde Lehrkräfte die Materialien einsetzen können. Das Interesse ist vorhanden. Die Umsetzung erfordert allerdings eine anderthalbtägige Schulung der Lehrenden in den zum Teil psychologischen Übungen und Verfahren. Eine empirische Evaluation folgt noch.


 
Projektbericht (PDF)

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